Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes nach unwirksamer Kündigung

Die Auswirkungen einer unwirksamen Kündigung

Die Aussicht, nach einem verlorenen Kündigungsschutzverfahren aufgrund einer unwirksamen Kündigung erhebliche Vergütungsansprüche nachzahlen zu müssen, schreckt nicht selten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vor dem Ausspruch einer Kündigung ab. 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) jedoch in seinem Urteil vom 7. Februar 2024 (Az.: 5 AZR
177/239) entschieden, dass ein gekündigter Arbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit seiner
Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist keinen Verzugslohn erhält, wenn er anderweitigen
Verdienst böswillig unterlassen hat. Dabei muss er eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen.

Rechtslage vor der Entscheidung: Verzugslohn bei unwirksamer Kündigung

Nach der bisherigen Rechtslage war der Arbeitgeber im Falle einer unwirksamen Kündigung verpflichtet, das Gehalt für die gesamte Zeit nachzuzahlen, in der der Arbeitnehmer aufgrund der Kündigung nicht gearbeitet hatte. Dies nannte man Verzugslohn. Häufig entschied das Arbeitsgericht erst nach einem Jahr über die Kündigungsschutzklage, sodass der Arbeitnehmer in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbrachte, der Arbeitgeber jedoch für den gesamten Zeitraum Gehalt nachzahlen musste.

Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes: Definition und Konsequenzen

Das BAG hatte einen Fall zu beurteilen, in dem ein Arbeitnehmer während eines Kündigungsschutzverfahrens keine Bemühungen unternommen hatte, eine andere Stelle zu finden. Der Arbeitnehmer hatte sogar ausdrücklich erklärt, dass er keine Vermittlungsvorschläge von der Agentur für Arbeit wünscht und potenzielle Arbeitgeber darüber informiert, dass er weiterhin bei seinem bisherigen Arbeitgeber arbeiten möchte. 

Nach Ansicht des BAG stellt dieses Verhalten ein böswilliges Unterlassen dar, das den Anspruch auf Verzugslohn ausschließt.

Pflichten des gekündigten Arbeitnehmers nach § 11 KSchG

Das BAG betonte, dass § 11 Nr. 2 KSchG den Arbeitnehmer verpflichtet, auf die Belange des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und zumutbare andere Arbeitsstellen anzunehmen. Dazu gehört auch, dass der Arbeitnehmer aktiv nach einer neuen Beschäftigung sucht oder zumindest Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit ermöglicht. Wird diese Pflicht verletzt, kann dies als böswilliges Unterlassen gewertet werden.

Zumutbare Arbeitsbedingungen: Was muss der Arbeitnehmer akzeptieren?

Geringerer Verdienst: Was ist zumutbar?

Ein geringerer Verdienst allein macht eine neue Arbeitsstelle nicht unzumutbar. Der Arbeitnehmer muss jede Tätigkeit annehmen, deren Nettoverdienst nicht unter dem Bezug des Arbeitslosengeldes liegt.

Verschlechterung der Arbeitsbedingungen: Wo liegt die Grenze?

Die Arbeitsbedingungen dürfen sich verschlechtern, aber nicht „wesentlich“. Es liegt also im Ermessen des Gerichts, wann eine Verschlechterung der Bedingungen als unzumutbar angesehen wird.

Beweislastverteilung: Welche Rolle spielt der Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass der Arbeitnehmer sich nicht um eine neue Stelle bemüht hat. Dazu kann der Arbeitgeber beispielsweise zeigen, dass er dem Arbeitnehmer geeignete Stellenangebote unterbreitet hat. Danach trägt der Arbeitnehmer die Beweislast, dass eine Bewerbung auf diese Stellen erfolglos geblieben wäre.

Praktische Hinweise für Arbeitgeber

Arbeitgeber können das Risiko von Verzugslohnansprüchen minimieren, indem sie dem gekündigten Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzverfahrens geeignete Stellenangebote aufzeigen. Diese Angebote sollten eine Vergütung über dem Arbeitslosengeld bieten und Arbeitsbedingungen aufweisen, die sich zwar verschlechtern dürfen, jedoch nicht „wesentlich“. Durch eine gute Dokumentation solcher Angebote können Arbeitgeber ihre Chancen vor Gericht verbessern.

Fazit: So reduzieren Arbeitgeber das Risiko von Verzugslohnansprüchen

Zusammenfassend ist es für Arbeitgeber sinnvoll, dem gekündigten Arbeitnehmer Bewerbungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Vergütung der neuen Stelle sollte höher sein als das Arbeitslosengeld, und die Arbeitsbedingungen dürfen sich nur moderat verschlechtern. Indem Arbeitgeber solche vergleichbaren Jobangebote vorlegen, steigern sie ihre Chancen, Ansprüche auf Verzugslohn trotz einer unwirksamen Kündigung abzuwehren.

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