Mit dem Beginn des Jahres 2023 hat die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Einzug in die Arbeitswelt gehalten und löst nunmehr die alte Bescheinigung in Papierform ab. Wird mit der elektronischen Bescheinigung ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung gegangen, gilt es zugleich für Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber einige Neuerungen zu beachten, die sich unmittelbar auf den Arbeitsablauf in ihrer Praxis auswirken werden. Der folgende Fragenkatalog soll Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Änderungen und Auswirkungen verschaffen.
Rechtssicherer Umgang mit der elektronischen AU-Bescheinigung
Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ändern sich die Prozesse zur Krankmeldung. Erfahren Sie, wie Sie die eAU rechtssicher integrieren und den Datenschutz gewährleisten können.
Wie erfolgt die Einreichung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Anders als bisher wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr vom Arbeitnehmer direkt an den Arbeitgeber übermittelt, sondern der Arzt versendet die Daten an die jeweilige Krankenkasse, die diese dann einstellt. Es liegt nunmehr am Arbeitgeber selbst, die Bescheinigung elektronisch abzurufen. Doch es gilt zu beachten: Ein Abruf ist nur nach vorheriger Krankmeldung durch den Arbeitnehmer gestattet, ein pauschaler Abruf ist hingegen nicht erlaubt.
Grundsätzlich sollten die Bescheinigungen ab dem ersten Tag nach der Krankmeldung durch den Arbeitgeber abrufbar sein, ebenso sollten auch Folgebescheinigungen unmittelbar abgerufen werden können.
Wo kann die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgerufen werden?
Zum Abruf der elektronischen AU kann der Arbeitgeber auf mehrere Optionen zurückgreifen. Primär steht das Lohnabrechnungssystem zur Verfügung, sofern die Daten der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreichend geschützt sind, da es sich bei diesen um personenbezogene Daten gem. Art. 9 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) handelt. Sollte das jeweilige Lohnabrechnungssystem eine Online-Abrufung der Bescheinigung noch nicht ermöglichen, kann diese auch mittels eines zertifizierten Zeiterfassungssystems sowie durch eine zertifizierte Ausfüllhilfe erfolgen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, einen Dritten mit dem Abruf der Daten zu beauftragen, typischerweise einen Payrollprovider.
- Welche Daten werden benötigt, um die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abzurufen?
Der Arbeitgeber muss folgende Daten übermitteln, um auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugreifen zu können:
- Name, Geburtsdatum und Versichertennummer des Arbeitnehmers sowie
- Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebs
Sollte die Versichertennummer des Arbeitnehmers unbekannt sein, ist diese bei der Datenstelle der Rentenversicherung abzufragen. Sollte dies ebenfalls nicht möglich sein, sind anstelle der Versichertennummer zusätzlich der Geburtsname und -ort des Arbeitnehmers anzugeben.
Inwieweit müssen Arbeitsverträge durch die Neuregelungen angepasst werden?
Bei bestehenden Arbeitsverträgen sollten die Anweisungen zum Verhalten im Krankheitsfall mit Blick auf die digitale Krankmeldung angepasst werden, zumal hierdurch im gleichen Zug die Arbeitnehmer über die Änderungen informiert werden.
In neuen Verträgen sollten die Regelungen zur Einreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geändert und nunmehr die unmittelbare elektronische Übersendung der Bescheinigung eingefügt werden.
In beiden Fällen ist darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer weiterhin verpflichtet ist, die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen und im Falle einer länger als drei Kalendertage andauernden Krankheit eine ärztliche Bescheinigung einzuholen. Weiterhin besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, auch schon früher eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen.
Außerdem ist zu beachten, dass arbeitsvertragliche Regelungen, welche auch nach dem 31.12.2022 eine Vorlage der Bescheinigung in Papierform vorsehen, unwirksam sind. § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)s ist einseitig zwingendes Recht.
Was geschieht, wenn der Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung scheitert?
In Fällen, in denen der Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gelingt, obwohl der Arbeitnehmer seinerseits alle Vorgaben erfüllt hat, geht der fehlgeschlagene Abruf zulasten des Arbeitgebers. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform sieht das Gesetz nicht vor.
Welche Infos finden sich auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
- Name des Beschäftigten,
- Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
- Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
- Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
- Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.
Welche Formen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind elektronisch abrufbar?
Elektronisch abgerufen werden können folgende Bescheinigungen über:
- Arbeitsunfähigkeit vom Vertragsarzt oder Zahnarzt nach § 109 I SGB IV,
- Arbeitsunfähigkeit bei Arbeitsunfällen nach § 109 III b SGB IV und
- stationären Aufenthalt im Krankenhaus nach § 109 III a SGB IV.
Hingegen nicht abrufbar sind folgende Bescheinigungen über/von:
- Privatärzten,
- Erkrankungen und Ärzten im Ausland,
- Rehabilitationsleistungen,
- privat krankenversicherte Arbeitnehmer,
- Beschäftigungsverbote,
- Erkrankungen der Kinder und
- stufenweise Wiedereingliederung.
Was gilt für privatversicherte Arbeitnehmer?
Arbeitnehmer, welche bei einer privaten Krankenkasse versichert sind, werden bislang von den Regelungen über die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgenommen und müssen die Bescheinigung weiterhin in Papierform vorlegen. Der Arbeitgeber ist somit gezwungen, zwischen gesetzlich und privat versicherten Arbeitnehmern bei der Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu differenzieren.