Elektronische Lohnabrechnung: Rechtliche Grundlagen & Herausforderungen im Überblick

Ist die Erteilung von Entgelt- bzw. Lohnabrechnungen ausschließlich elektronisch möglich? Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Entgelt- bzw. Lohnabrechnung ausschließlich elektronisch in ein digitales Mitarbeiterpostfach gesendet werden darf, erreicht immer häufiger die Gerichte.

Rechtliche Grundlagen und aktuelle Urteile

Man sollte meinen, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer nicht ordnungsgemäß erteilten Lohnabrechnung nur selten klagt und doch musste das Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 16.1.2024 (Az.: 3 Ca 163/23) entscheiden: Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf ihre Gehaltsabrechnung in Textform. Das Einstellen der Abrechnungen in ein digitales Mitarbeiterpostfach erfüllt diesen Anspruch nicht. Grundsätzlich ist nicht nur die Bereitstellung der Lohnabrechnung geschuldet, sondern auch ihre Erteilung durch den Arbeitgeber. Dahingehend statuiert § 108 Abs. 1 S. 1 GewO, dass der Arbeitgeber bei Auszahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen hat. Für das Wahren der Textform genügt es gem. § 126 b BGB wiederum, wenn eine lesbare Erklärung, in welcher die Person des Erklärenden genannt ist, so auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird, dass nachträgliche Änderungen des Erklärenden nicht vorgenommen werden können. Ein Anspruch auf die Zustellung in Papierform ergibt sich daher hieraus nicht. Eine digitale Zurverfügungstellung ist hingegen möglich.

Herausforderungen beim digitalen Zugang

Damit der Arbeitnehmer die Berechnung und Bezahlung des gezahlten Arbeitsentgeltes nachvollziehen kann, bedarf es des Zugangs der Abrechnung beim Arbeitnehmer entsprechend § 130 BGB, d.h. die Entgeltabrechnung muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangen, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Es muss lediglich die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen, auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es in der Regel nicht an. Zu diesem Zweck, und motiviert durch Zeit- sowie Kostenersparnis, bedienen sich Arbeitgeber zunehmend an Onlineportalen, über welche die im System generierten Entgeltabrechnungen zum Download zur Verfügung gestellt werden. 

Ein Zugang auf einem solch elektronischen Weg ist zwar grundsätzlich möglich. Jedoch ist in diesem Fall zu beachten, dass der Empfänger ein ausdrückliches oder zumindest konkludent erklärtes Einverständnis abgegeben haben muss, auch elektronische Erklärungen zu empfangen. Liegt ein solches Einverständnis nicht vor, muss der Arbeitnehmer laut LAG Niedersachsen auch nicht damit rechnen, dass ihm Entgeltabrechnungen auf digitalem Weg übermittelt werden. Ein Zugang der Lohnabrechnung auf diesem Weg ist dann nicht möglich.

Abschlussbemerkungen und Ausblick

In einer Zeit der voranschreitenden Digitalisierung scheint diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wenig zeitgemäß. Noch ist das letzte Wort allerdings nicht gesprochen, die Revision gegen das Urteil ist derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig. 

Zu diesem Zeitpunkt bleibt festzuhalten: Die digitale Zurverfügungstellung von Lohnabrechnungen ist grundsätzlich zulässig und auch die Erfahrung zeigt, dass Arbeitnehmer diesen Übermittlungsweg in aller Regel selbst bevorzugen. Gleichwohl ist den Arbeitgebern zu raten, Entgeltabrechnungen weiterhin in Papierform zur Verfügung zu stellen, solange mit den Mitarbeitern keine anderslautende Vereinbarung getroffen ist und ein Einverständnis in die digitale Übermittlung der Lohnabrechnungen gegeben wurde. 

In der Praxis kann das Einverständnis beispielsweise als Nebenvereinbarung zum Arbeitsvertrag aufgesetzt werden. Eines ist trotzdem sicher: Mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen lässt sich der administrative Aufwand von Arbeitgebern nicht verringern.

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