Spätestens zu Beginn des Kalenderjahres steht in den meisten Arzt- und Zahnarztpraxen die Urlaubsplanung für das frisch angebrochene Jahr an. Dabei hat sich in vielen Praxen der sog. Praxisurlaub etabliert, bei welchem die gesamte Praxis für meist ein bis drei Wochen geschlossen wird. Sowohl Praxisinhaber als auch Mitarbeiter haben in diesen Zeiträumen die Möglichkeit, mehrere Tage oder Wochen am Stück in Urlaub zu gehen. Doch was ist, wenn die Urlaubspläne der Mitarbeiter mit dem durch den Praxisinhaber festgelegten Praxisurlaubszeitraum kollidieren? Dieser Fragestellung soll sich der vorliegende Beitrag widmen.
Berücksichtigung der Urlaubswünsche der Arbeitnehmer
Nach § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) hat der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festsetzung des Urlaubs grundsätzlich die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen– es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange entgegenstehen.
Ausnahme Praxisurlaub
Praxisurlaub oder „Betriebsferien“, wie es im arbeitsrechtlichen Jargon meist genannt wird, kann/können ein solches dringliches betriebliches Erfordernis darstellen, mit welchem der Arbeitgeber die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer (teilweise) unberücksichtigt lassen kann.
Dringende Gründe für Betriebsferien können sich daraus ergeben, dass es sich um notwendig abzustimmende Arbeitszeiten handelt. Als klassisches Beispiel hierfür werden in der arbeitsrechtlichen Fachliteratur Arzt- oder Zahnarztpraxen angeführt.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass in aller Regel nicht der gesamte Jahresurlaub als Betriebsurlaub festgesetzt werden darf. Ausnahmen können sich jedoch aus der Natur der Tätigkeit ergeben, wie z.B. bei angestellten Arzthelfern, die nur einem zugelassenen Arzt zuarbeiten. Mit dieser – zugegebenermaßen eher restriktiv auszulegenden – Ausnahmeregelung soll insbesondere der schwierigen Urlaubsplanung in Klein- und Einzelpraxen Rechnung getragen werden, in denen im Falle des Urlaubs des Behandlers kein Arzt zur Verfügung steht, der Behandlungen übernehmen oder delegierte Behandlungen überwachen könnte. Vom Sinn und Zweck der Ausnahme nach zwar nicht geschützt, aber als Nebeneffekt nicht ohne Bedeutung ist der Umstand, dass dem Behandler das Unterstützungspersonal fehlen würde, könnten die Mitarbeiter zu einem anderen Zeitpunkt Urlaub machen als der Behandler selbst.
Ist eine Vertretung möglich?
Bevor aber eine solche Ausnahmeregelung (mit der Folge der Anordnungsmöglichkeit von 100% Praxisurlaub) bejaht werden kann, muss stets die Vertretungsmöglichkeit des Behandlers geprüft werden, insbesondere in (überörtlichen) Berufsausübungsgemeinschaften. Der Arbeitgeber wäre dann grundsätzlich dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass den Arbeitnehmern neben dem Betriebsurlaub noch genügend Urlaubstage zur freien Verfügung stehen. Vom Bundesarbeitsgericht wurde es für ausreichend erachtet, wenn zwei Fünftel des Jahresurlaubsanspruchs zur freien Verfügung blieben (BAG, Urteil vom 28. 7. 1981 – 1 ABR 79/79). Hierbei dürfte es aber genügen, den Wert von 2/5 vom gesetzlichen Urlaubsanspruch (20 Urlaubsage bei 5-Tage-Arbeitswoche) zur freien Verfügung der Mitarbeiter zu belassen, bei einer Vollzeitstelle daher acht Urlaubstage.
Fazit
Grundsätzlich kann – gerade in Klein- oder Einzelpraxen – einseitig Betriebsurlaub angeordnet werden. Es lässt sich allerdings darüber streiten, ob der Anspruch der Arbeitnehmer auf Urlaub durch die arbeitgeberseitige Anordnung von Betriebsurlaub in voller Höhe festgesetzt werden kann oder ob den Arbeitnehmern jedenfalls noch 2/5 des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zur freien Verfügung verbleiben muss. Dies hängt von der Bewertung ab, ob theoretisch und praktisch eine Vertretung am Praxisstandort möglich ist.
Zu beachten ist bei Thema des Betriebsurlaubs zusätzlich, diesen so früh wie möglich anzuordnen, da andernfalls das Risiko droht, dass die einseitige Anordnung des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer „unbillig“, sprich nicht zumutbar ist, mit der Folge, dass der Urlaubsanspruch nicht erlischt.
Besser noch ist es natürlich, von Seiten der Praxisinhaber um Verständnis für die Notwendigkeit des Praxisurlaubs zu werben und einvernehmliche Lösungen zu finden, sollte seitens der Arbeitnehmer das tatsächliche Bedürfnis bestehen, Urlaubszeiträume außerhalb des Praxisurlaubs wahrzunehmen.